8 Denkfehler, die Startup Founder unbedingt vermeiden sollten
Gründer:innen von Startups müssen immer wieder kleine und grosse Entscheidungen treffen. Dabei kommen sie oftmals ganz schön ins Grübeln – und das ist eigentlich auch gut so! Wer wichtige Entscheidungen zu fällen hat, sollte schliesslich ordentlich darüber nachdenken – und dabei aber unbedingt diese 8 Denkfehler vermeiden.
Unser Gehirn ist für ein Leben als Jäger:in und Sammler:in optimiert. Und in diesem Kontext ist langes Grübeln definitiv nachteilig.
Die Erklärung dazu ist einfach: wenn die Jäger-und-Sammler-Familie an uns vorbeirannte, machte es Sinn, ihr zu folgen – ohne nachzudenken, ob die wohl tatsächlich einen Säbelzahntiger gesehen haben oder doch nur ein überaus trainiertes Reh…
Wir sind also die Nachfahren jener, die tendenziell den anderen nachrennen. Und damit sind wir beim eigentlichen Problem angelangt.
In den letzten 10’000 Jahren haben wir eine Welt erschaffen, die wir nicht mehr verstehen. Alles wurde besser, raffinierter, schneller – aber damit vor allem auch komplexer und voneinander abhängiger.
Das Ergebnis: materieller Wohlstand, Zivilisationskrankheiten und jede Menge Denkfehler!
Aber hä, wie jetzt, Denkfehler?!
Nun ob wir wollen oder nicht – wir sind emotionale Wesen. Wir denken UND fühlen. Gleichzeitig. Manchmal mehr, manchmal weniger.
Und obwohl wir uns meist für ganz schön schlau halten, treffen wir in der Realität viele Entscheidungen (Job, Lebenspartner:in, Investment, usw.) unbewusst. Wir können unsere Emotionen also nicht restlos durch Denken allein kontrollieren.
Wir machen also sogenannte Denkfehler: Systematische Abweichungen zur Rationalität, also zum optimalen, logischen, vernünftigen Denken und Verhalten.
Für Gründer:innen von Startups kann das ganz besonders verheerend sein. Für sie steht schliesslich nicht nur ihr eigenes Wohlbefinden auf dem Spiel, sondern auch das ihrer Mitarbeitenden sowie das gesamte Unternehmen, dass sich noch im wackeligen Aufbau befindet!
Für Startups, die mutig und schnell neue Wege gehen müssen, zählt scharfes Nachdenken und unabhängiges Handeln heute also ganz besonders.
Das gelingt uns aber nicht immer, weil wir eigentlich – wie oben bereits erwähnt – anders gepolt sind. Nimmt die Komplexität unserer Welt weiter zu (und das wird sie ganz sicher!) werden diese Denkfehler noch häufiger und schwerwiegender.
Als Gründer:in eines Startups bist du also besser gewappnet, wenn du weisst, wie leicht man sich irren kann und welche Auswirkungen (deine) systematischen Denkfehler haben können – auf dein Geld, dein Unternehmen und dein Glück. Nur so kannst du sie frühzeitig erkennen und ihnen ausweichen, bevor sie grösseren Schaden anrichten.
8 Denkfehler, die Startup Gründerinnen und Gründer unbedingt vermeiden sollten:
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Survivorship Bias (oder auch: der Überlebensirrtum)
Wer in die Startup- und Innovationswelt eintaucht, wird geradezu von den Möglichkeiten, Neuheiten und allem voran von den leuchtenden «Unicorns» berauscht – und überschätzt dank dem Überlebensirrtum systematisch die Aussicht auf den eigenen Erfolg.
Die Wahrheit aber lautet: Erfolge erzeugen eine grössere Sichtbarkeit als Misserfolge, und hinter jedem erfolgreichen Unternehmen stecken unzählig andere, die es nicht geschafft haben.
Der Survivorship Bias ist für Startup-Gründer:innen demzufolge Segen und Fluch zugleich: Zum einen lässt er sie Dinge in Angriff nehmen, die man sich bei rationaler, nüchterner Betrachtung nicht getraut hätte, zum anderen kann er sie aber auch (zu) schnell abheben lassen.
Besonders gefährlich wird es für diejenigen, die selbst Teil der überlebenden Menge sind. Selbst wenn der Erfolg auf Zufall basiert, entdecken wir Gemeinsamkeiten und erklären diese zu Erfolgsfaktoren. Höchstwahrscheinlich haben aber auch die Gescheiterten genau diese Faktoren angewendet…
💡 Die Lösung: Wenn du dich in der Startup- und Innovationswelt bewegst, solltest du dich unbedingt auch mit denen austauschen, die gescheitert sind. Hör ihnen zu und lerne von ihnen. Verlass dich nicht blind auf bewährte Konzepte, Erfolgsfaktoren oder (selbsternannte) Expert:innen. Die Welt der Startups ist schnelllebig – was heute funktioniert, ist morgen vielleicht schon wieder veraltet.
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Overconfidence-Effekt (oder auch: Selbstüberschätzung lohnt sich nicht)
In den vergangenen Jahren schossen Startup- und Innovations-Coaches jeder Art wie Pilze aus dem Boden. Heute berät jede:r jede:n. Scheinbar alle haben eine Meinung und etwas zu sagen.
Das Problem auf dem lauten Marktplatz ist, dass praktisch alle systematisch ihr Wissen und ihre Fähigkeit zu prognostizieren überschätzen.
Der Overconfidence-Effekt misst demnach den Unterschied zwischen dem, was Menschen wirklich wissen, und dem, was sie denken zu wissen. Im Vergleich zum Survivorship Bias werden hier also nicht die Erfolgschancen, sondern das eigene Wissen überschätzt. Und Expert:innen trifft das lustigerweise sogar besonders hart.
💡 Die Lösung: Prüfe regelmässig anhand von Zahlen, Daten und Fakten, ob du mit deinem Startup noch auf dem richtigen Weg bist. Pivotiere, wenn nötig, auch wenn deine Investor:innen (noch) euphorisch sind. Und: der Overconfidence-Effekt ist bei Frauen nachweislicher weniger ausgeprägt vorzufinden als bei Männern. Sie überschätzen sich weniger – also achte unbedingt auf Diversität in deinem Team!
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Sunk Cost Fallacy (oder auch: It’s time to say goodbye – now!)
Die Sunk Cost Fallacy ist der bekannte Klassiker unter den Denkfehlern: Je mehr wir in etwas investiert haben (Zeit, Geld, Energie, Mühe,…), desto mehr halten wir daran fest und machen weiter – auch wenn es eigentlich gar keinen Sinn mehr macht.
In der Startup-Welt lässt sich der Effekt immer wieder hervorragend beobachten: Nämlich zum Beispiel dann, wenn zu lange an der ursprünglichen Idee festgehalten oder weiterhin Geld in Startups gebuttert wird, für welche es eigentlich – rational betrachtet – keinen Markt gibt und die sich entsprechend bereits auf dem absteigenden Ast befinden.
Doch warum passiert das? Weil wir danach streben, konsistent (und damit vermeintlich glaubwürdig) erscheinen wollen. Und wenn wir etwas abbrechen, generieren wir einen Widerspruch: Wir geben zu, früher anders gedacht zu haben.
💡 Die Lösung: Mach dir und deinem Team immer wieder bewusst, dass ihr zu jedem Zeitpunkt den eingeschlagenen Weg verlassen könnt, ohne dass ihr dabei euer Gesicht verliert. Gerade Startups können, sollen und müssen flexibel bleiben. Blickt gemeinsam nach Vorne und ignoriert die bereits investierten Kosten – alles was zählt, ist das jetzt und vor allem eure Einschätzung der Zukunft!
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Das Auswahl-Paradoxon (oder auch: Wer die Wahl hat, hat die Qual…)
Loslassen gilt für Gründer:innen von Startups in vielen Bereichen – so auch in der Ausgestaltung des Angebots. Als Unternehmer:innen wollen wir so viele Menschen wie möglich glücklich machen, und zwar mit unserer perfekten Lösung und einem Angebot, dass alle Bedürfnisse und Wünsche abdeckt.
Eine grosse Produktpalette zu stemmen, kostet aber Zeit, Geld und Ressourcen – und die hat ein Startup in der Regel nicht.
Aber Auswahl ist doch die Messlatte des Fortschritts und macht glücklich, oder etwa nicht?!
Nun, nicht ganz. Es gibt eine Grenze, bei der zusätzliche Auswahl die Lebensqualität vernichtet, und das hat drei Gründe:
- Grosse Auswahl führt zu einer inneren Lähmung. Bei einem zu grossen Angebot können sich Kund:innen nicht entscheiden und kaufen daher gar nichts.
- Grosse Auswahl führt zu schlechteren Entscheidungen. Wir müssen uns plötzlich mit Kriterien auseinandersetzen, die für unser ursprüngliches Bedürfnis eigentlich gar nicht wichtig gewesen wären. Wir sind überfordert, werden müde und entscheiden schlechter/gar nicht.
- Grosse Auswahl führt zu Unzufriedenheit. Je mehr Auswahl, desto unsicherer und damit unzufriedener sind wir nach unserer Wahl.
💡 Die Lösung: Fokus! Meist lösen Startups ein neuartiges Bedürfnis auf neuartige Weise. Alleine um in diese neue Welt einzutauchen und sie zu verstehen, brauchen interessierte Personen Energie. Setze also mit deinem Angebot einen klaren Fokus und überfordere deine Kund:innen nicht. Konzentriere dich mit deinem Team auf das, was wirklich zählt. Reduziert euer Angebot und macht das dafür richtig gut!
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Der Action Bias (oder auch: Zuerst denken, dann handeln!)
Beim Elfmeter-Schiessen hechten Torhüter in der Regel zu 50% nach links und zu 50% nach rechts. Sie bleiben nur selten in der Mitte stehen – und das obwohl rund ein Drittel der Bälle dort landet!
Der Grund dafür ist ganz einfach: Es sieht um einiges besser aus und fühlt sich viel weniger peinlich an, auf die falsche Seite zu hechten, als wie ein – Pardon – fauler Trottel stehen zu bleiben und den Ball seitlich vorbeisegeln zu sehen.
Geht es darum, einzugreifen oder abzuwarten, wählen wir also tendenziell immer die aktivere Variante – und unterliegen damit dem Action Bias. Schliesslich konnte nachdenken statt handeln in der Vergangenheit tödlich sein. Heute ist das gerade andersrum.
Das Problem: Die Umstellung fällt uns schwer, denn wir erhalten keine Auszeichnung, wenn wir durch Abwarten genau die richtige Entscheidung getroffen haben.
Wenn wir aber Entschlossenheit demonstrieren, rasch handeln und eine Situation sich bessert (wenn vielleicht auch nur rein zufällig), dann stehen die Chancen nicht schlecht, dass wir öffentlich geehrt oder zumindest CEO des Monats werden…
💡 Die Lösung: In unklaren Situationen verspüren wir den Impuls, (irgend)etwas zu tun – und handeln damit tendenziell zu schnell und zu oft. Daher: Ist die Situation unklar, halte dich erstmal kurz zurück. Atme, bis du die Lage besser einschätzen kannst, befähige die richtigen Personen und vertraue deinem Team. Gemeinsam werdet ihr zum gegebenen Zeitpunkt die richtige Entscheidung treffen – oder zumindest das Ruder rumreissen.
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Der Regression zur Mitte-Irrtum (oder auch: Die natürliche Schwankung der Leistung)
Startups sind bestrebt darin, die Welt verändern und ständig ihr Bestes geben zu wollen. Aber: Extreme Leistungen wechseln sich mit weniger Extremen ab. Und auch unsere persönlichen Leistungen schwanken. Das ist ganz natürlich.
Als Gründer:in kennst du vielleicht folgende Situation: Du hast das Gefühl, dass ein paar deiner Mitarbeiter:innen in ihrer Motivation schwächeln.
Weil dir dein Unternehmen wichtig ist, engagierst du einen Motivations-Guru. Bei der nächsten Erhebung ist ihre Leistung besser – aber dafür ist jetzt die der anderen schlechter. Hat der Guru nun ein Wunder vollbracht – oder doch nicht?!
Schwer zu sagen, aber mit grosser Wahrscheinlichkeit hätte sich die tiefe Motivation vermutlich auch ohne Training wieder um ihren persönlichen Durchschnitt eingependelt.
Der Regression zur Mitte Irrtum kann also schwerwiegende Folgen haben, weil Manager beispielsweise so zum Schluss gelangen, dass Strafen wirkungsvoller sind als Lob…
💡 Die Lösung: Etwas läuft nicht ganz rund oder so rund, dass es dich schon fast blendet? Bleib zunächst einmal ruhig und verfalle nicht in Panik. Prüfe die Anreizsysteme, die in deinem Startup stattfinden und davon ausgehen. Und schenke deinem Team Vertrauen und Verantwortung.
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Der Confirmation Bias (oder auch: Ich mach› mir die Welt, wie sie mir gefällt!)
Der Confirmation Bias umfasst die Tendenz, neue Informationen so zu interpretieren, dass sie mit unseren bestehenden Theorien, Weltanschauungen und Überzeugungen kompatibel sind.
Was bedeutet das für ein Startup?
Beispielsweise wird eine neue Strategie im Verwaltungsrat verabschiedet. Von nun an werden sämtliche Anzeichen, die den Erfolg dieser Strategie andeuten, gefeiert. Gegenteilige Indizien aber werden als «Spezialfälle» oder «unvorhergesehene Schwierigkeiten» abgetan. Wenn überhaupt.
💡 Die Lösung: Wenn du etwas siehst, dass deinen Annahmen widerspricht, nimm es besonders ernst. Social Media und Co. haben es uns ganz besonders einfach gemacht, uns mit Gleichgesinnten zusammen zu tun. Wir bewegen uns entsprechend zunehmend in Communitys aus Gleichdenkenden und gegenteilige Meinungen erscheinen erst gar nicht auf unserem Radar. Am besten schreibst du also deine Glaubenssätze auf und machst dich auf die Suche, um sie zu widerlegen – und nicht, um sie zu bestätigen. Und tausch dich regelmässig mit Menschen aus, die anders denken und die über andere Erfahrungen verfügen als du – denn alleine schaffst du es da nicht raus…
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Groupthink (oder auch: Lemminge on tour…)
Eine Gruppe von intelligenten Menschen trifft dumme Entscheidungen, weil alle ihre Meinungen dem vermeintlichen Konsens anpassen resp. unterordnen.
So kommen Entscheidungen zustande, die jedes einzelne Gruppenmitglied unter normalen/anderen Umständen abgelehnt hätte.
In Startups lässt sich das manchmal ganz besonders gut beobachten, weil hier oft ein starkes Gemeinschaftsgefühl und eine euphorische Stimmung herrscht (Wir schaffen das! Wir sind die Besten! Wir verändern die Welt!) – und das will man als Spielverderber:in garantiert nicht zerstören.
💡 Die Lösung: Achte darauf, dass Meinungen, die nicht gerne gehört werden, ihren Platz finden. Schaffe einen safe space für dein Team und gib deinen Kolleg:innen Raum, dir oder anderen im Team zu widersprechen oder Kritik und Sorgen äussern zu dürfen, ohne dass es irgendwelche negativen Auswirkungen für sie hat (und zwar wirklich!). Bestimmt bei wichtigen Entscheidungen immer jemanden zum «Anwalt des Teufels». Wahrscheinlich wird dies nicht die beliebteste Rolle im Team sein – aber vielleicht die Wichtigste…
Und wie schaffen wir es jetzt, ohne Denkfehler zu leben?
Last but not least stellt sich die Frage, wie man es schafft, Denkfehler komplett zu vermeiden und ohne sie zu leben.
Die Antwort darauf ist einfach: Man schafft es nicht.
Denkfehler zu umgehen, ist immer mit Aufwand verbunden. Und die goldene Vermeidungsstrategie gibt es leider nicht.
Gründer:innen von Startups können und sollten sich aber folgende Faustregel zu Herzen nehmen: In Situationen, die schwerwiegende oder grosse Konsequenzen nach sich ziehen können, gilt es für alle involvierten Personen so rational und vernünftig wie nur möglich zu entscheiden.
Oder anders gesagt: Wir empfehlen allen, von Zeit zu Zeit diesen Blogbeitrag durchzulesen und die aufgelisteten Denkfehler wie eine Checkliste durchzugehen!
Und was machen wir im Alltag oder in Situationen, deren Konsequenzen klein sind?
Da haben wir eine gute Nachricht: Wir lassen uns von unserer persönlichen Intuition tragen.
Schliesslich wollen und sollen wir uns nicht jeden Tag den Kopf zerbrechen, und in der Startup- und Innovationswelt ist es wichtig, dass wir Fehler zulassen. Aber das ist eine andere Geschichte – und definitiv einen eigenen Blogbeitrag wert. 😉
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