6 Preismodelle für Startups: Mit der richtigen Preisstrategie zu mehr Umsatz

Wer ein Produkt auf den Markt bringt, muss einen Preis dafür festsetzen. Das ist logisch. Hingegen weniger klar ist oftmals, wie der Preis festgelegt und vermittelt werden soll. Welches Preismodell ist das richtige – oder besser gefragt: mit welchem Preismodell kann die grösste Win-Win-Situation, sowohl für das Unternehmen wie auch für die Kund:innen, geschaffen werden?

In der heutigen Zeit ist es selten sinnvoll, den Preis für ein Produkt gemäss internen Überlegungen und Berechnungen festzusetzen.

Die sogenannte Grundpreisgestaltung, bei welcher zu den Kosten eine Zielmarge addiert wird, hat ausgedient – denn sie ist zwar solide und einfach, aber sie lässt den von den Kund:innen wahrgenommenen Wert ausser Acht.

Ein grosser Fehler, denn da geht definitiv noch mehr! Schliesslich ist der Preis von allen Gewinntreibern – also Volumen, Preis und Kosten – nicht nur der stärkste, sondern auch derjenige, der schneller und effizienter als alle anderen realisiert werden kann.

Und die gute Nachricht: Es war noch nie so einfach! Technologische Innovationen haben in den letzten Jahren die Grundlagen geschaffen, um die Preisgestaltung auf ein neues Level zu heben.

Fortschritte in der Datenwissenschaft steigern laufend die Quantität und Qualität der Daten und decken damit komplett neues Potenzial auf, um Preise zu setzen. Und gleichzeitig ermöglicht unser Marketing eine hyper-Personalisierung.

Neue Ökosysteme erfordern also neue Preismodelle. Die profitabelsten Unternehmen sind dabei entsprechend diejenigen, die in der Lage sind, zu beurteilen, woher der Wert in den Augen ihrer Kund:innen kommt (und ihre Preisgestaltung entsprechend anpassen).

Wir haben dir hier die 6 wichtigsten und erfolgreichsten Preismodelle für Startups und innovative Unternehmen zusammengefasst (inspiriert von The Pricing Model Revolution), damit auch du dein Produkt erfolgreich vermarkten kannst:

Pay-per-use oder auch nutzungsbasierte Preise:

Du bezahlst nur, wenn du etwas nutzt. Die Zahlung an den Anbieter für ein Produkt oder eine Dienstleistung erfolgt entsprechend der tatsächlichen Nutzung.

Die Stärke dieses Modells liegt darin, dass die grösste Kaufbarriere – nämlich der hohe Anschaffungspreis – wegfällt.

Die Kund:innen haben entsprechend nicht nur das Gefühl, weniger bezahlt zu haben, sondern sie erhalten dadurch auch Zugang zum «Premium-Segment».

Ein weiterer Vorteil ist die Erweiterung des Marktpotenzials: Neue Kundensegmente, die bei einem herkömmlichen Preismodell nicht die Möglichkeit oder die Absicht hätten, das Produkt zu kaufen, können es sich nun leisten, es zu nutzen.

Von der Anpassung der Preisgestaltung an die Nutzung profitieren also vor allem Kund:innen, die ein Produkt selten, unvorhersehbar oder nur saisonal nutzen.

Dieses Preismodell ist entsprechend für (technologiebasierte) Produkte ideal, die einen hohen Kaufpreis aufweisen und die sich in einem Markt bewegen, in welchem:

  • …sich Präferenzen schnell ändern
  • …die Nutzung dynamisch, volatil und unvorhersehbar ist
  • …die Bereitschaft, ein Produkt ggf. gemeinsam zu nutzen, vorhanden ist.

💡 Bekannte Beispiele, die Pay-per-use anwenden:

  • Fitness-Studios: Binden den Preis z. B. an bestimmte Betriebszeiten, um Überlastung zu vermeiden und/oder Express-Zugänge an Geräte zu ermöglichen
  • Autoversicherungen: Binden den Preis z. B. an gefahrene Kilometer
  • Autoreifenhersteller: Binden den Preis an die Performance der Reifen (je länger die Reifen halten, desto grösser sind die Einnahmen)

Outcome-based pricing oder auch ergebnisabhängige Preise:

Anders als beim Pay-per-use-Modell, bei dem sich der Preis an die Nutzung der Kund:in bindet, orientiert sich die ergebnisabhängige Preisgestaltung an der Leistung der Anbieter:in.

Mit diesem unkonventionellen Ansatz steigerte das Kunstzentrum Teatreneu seine Zuschauerquote um 35%, und der durchschnittliche Ticketpreis stieg um ganze 6 Euro.
Mit diesem unkonventionellen Ansatz steigerte das Kunstzentrum Teatreneu seine Zuschauerquote um 35%, und der durchschnittliche Ticketpreis stieg um ganze 6 Euro.

Wenn die Kund:innen also nicht die garantierten Ergebnisse erhalten, zahlen sie nicht. Auf der anderen Seite übernimmt der/die Verkäufer:in das Risiko.

Das bedeutet, dass zwar zum einen die Gewinnspannen höher sind, zum anderen aber auch das Performance-Risiko. Die Risiken müssen dementsprechend unbedingt evaluiert werden und in das Produkt einfliessen.

Das Resultat (die Performance) setzt sich dabei aus 3 Elementen zusammen:

  1. Das Ergebnis muss in erster Linie für die Kund:innen wichtig und wesentlich sein.
  2. Es muss messbar sein.
  3. Es muss unabhängig sein. Weder dem Unternehmen, noch den Kund:innen oder einer dritten Partei darf es möglich sein, das Ergebnis zu verfälschen.

 

Je näher der Preis mit dem Wert einher geht, den die Kund:innen wahrnehmen, desto erfolgreicher.

Dank neuen Technologien (Digitale Plattformen, Machine Learning, Cloud computing, IoT) ist es heute zum Glück gar nicht mehr so schwer, Preise an der Performance festzumachen.

Nicht zuletzt können die Preisanreize aus diesem Modell genutzt werden, um erwünschtes Verhalten zu belohnen und unerwünschtes Verhalten zu sanktionieren.

Eine kontinuierliche Berichterstattung und Kommunikation mit den Kund:innen ist daher unerlässlich.


💡 Bekannte Beispiele, die Outcome-based pricing anwenden:

  • Pay-per-click hat sich zum am weitesten verbreiteten Preismodell in der bezahlten Suchmaschinenwerbung entwickelt
  • Pharmaunternehmen (Pay-for-response): binden den Preis daran, wie ein:e Kund:in auf eine Behandlung über eine bestimmte Zeitdauer anspricht
  • Gesundheits-Versicherungen: binden die Raten an den BMI ihrer Kund:innen

Subscription Pricing oder auch Abo-Preise:

Auch im Abo-Preismodell entfällt der grosse Investitionsstress. Eine Win-Win-Situation für alle, denn die Kund:innen müssen keine hohen Fixkosten tragen und die Anbieter:innen können ihren Umsatz und die Gewinnspannen steigern.

Wer sich entscheidet, sein Produkt über ein Abonnementen-Modell zu vertreiben, entscheidet sich oft im gleichen Atemzug dazu, sein Angebot einen Schritt weg vom Produkt und damit näher Richtung Dienstleistung zu bewegen – denn es geht nicht mehr nur um einen einmaligen Verkauf, sondern viel mehr um die dauerhafte Beziehung, die zu den Kund:innen aufgebaut wird.

Der Motor des Wachstums ist dabei der vorhandene Kundenstamm. Die digitale Beziehung ermöglicht es, die Abonnent:innen kennenzulernen und ihnen gezielt zusätzliche Dienstleistungen und weitere Produkte anzubieten.

Im Jahr 2021 betrug der Wert der Abonnements – weltweit – 700$ Milliarden. Eine Summe, die sich bis 2027 verdreifachen und auf 2’100$ Milliarden weltweit ansteigen dürfte – ganz schön spannend also, da mitzumischen…


💡 Bekannte Beispiele, die Subscription pricing anwenden:

  • Windeln oder Rasierklingen-Abos
  • Monatliche Lieferungen von Kaffeekapseln, Hundefutter oder Nudeln (z. B. Barilla)

Psychological pricing oder auch verhaltensorientierte Preise:

Kund:innen agieren bekanntlich nicht immer rational. Zum Beispiel bewerten wir einen Wein besser, wenn er teuer und/oder unsere Laune gut ist.

Psychologische Faktoren spielen also eine wichtige Rolle, wenn es um unsere Zahlungsbereitschaft geht – und die gilt es zu nutzen.

In der verhaltensorientierten Preisgestaltung dreht sich dementsprechend alles um die Frage: Wie wird der Preis von unseren Kund:innen wahrgenommen und welche Reaktion wird dabei in ihrem Gehirn ausgelöst?

Hier 5 Beispiele aus der verhaltensorientierten Preisgestaltungs-Trick-Kiste, mit denen du die Wahl deiner Kund:innen steuern und deine Verkäufe stark erhöhen kannst (und zwar ohne dabei die Preise zu senken oder Sonderangebote zu machen!):

  • Tiefe Anschaffungskosten: Wer einen Drucker kaufen will, und dabei die Option 1 mit einem Kaufpreis von 510 CHF + 20 CHF pro Tintenkartusche oder die Option 2 mit einem Kaufpreis von 150 CHF + 50 CHF pro Tintenkartusche hat, dem erscheint die Option 2, obwohl diese auf ein Jahr ausgelegt genau gleich viel kostet (Option 1: 510 + 12×20 = 750 CHF vs. Option 2: 150 + 12×50 = 750 CHF), mit grosser Wahrscheinlichkeit viel attraktiver, weil der Anschaffungspreis – und damit die Haupthürde – deutlich tiefer ist.
  • Kompromisseffekt: Der Kompromisseffekt besagt, dass ein Produkt mit größerer Wahrscheinlichkeit aus einer Gruppe ausgewählt wird, wenn sich seine Eigenschaften nicht an den Extremen der Auswahl befinden. Wir wollen also im Restaurant zum Beispiel nicht den billigsten Wein, aber auch nicht den teuersten.
  • Die Magie der Ziffer 9: Die Zahl 0.9 erscheint uns bedeutend tiefer als die Zahl 1. In der Praxis enden daher viele Preise mit einer 9 (bspw. kostet ein Liter Benzin 1.69 statt 1.70 CHF). Das Unterschreiten der psychologischen Schwelle ermöglicht die Manipulation von Präferenzen, selbst wenn der angebotene Vorteil vernachlässigbar ist.
  • Gute Qualität ist teuer: Wir assoziieren tendenziell hohe Preise mit hoher Qualität (und tiefe Preise mit niedriger Qualität). Gerade Kund:innen, die sich mit den Produkten nicht so gut auskennen, greifen darauf zurück: Sie suchen nach Parametern, die sie als Richtlinien nutzen können und verlinken daher hohe Preise mit einer guten Performance – und sind damit am besten beeinflussbar.
  • Künstliche Knappheit: Impulskäufe werden vor allem durch künstlich erzeugte Knappheit erzielt. Wenn zum Beispiel der Kauf von einem Produkt rationiert wird (Du darfst max. 10 davon kaufen oder Nur noch 9 Stück übrig), werden im Schnitt doppelt so viele davon verkauft wie ohne Rationierung.

Freemuim:

Auch das Freemium (Free + Premium) Preismodell verführt unser Gehirn regelmässig, denn hierbei werden uns erste Funktionen kostenlos zur Verfügung gestellt, mit der Möglichkeit, auf weitere, damit verbundene Zahlungsfunktionen zuzugreifen.

Es geht also darum, möglichst viele Interessierte mit einem kostenlosen Angebot anzulocken.

Die dahintersteckende Hoffnung ist, dass aufgrund der steigenden Vertrautheit mit dem Produkt (durch die Nutzung der Basisversion) die Zahlungsbereitschaft für weiterführende Leistungen steigt.

Damit Freemium effizient funktioniert, müssen folgende 4 Faktoren erfüllt sein:

  1. Verschiedene Marktsegmente mit Kundengruppen die unterschiedliche Bedürfnisse haben
  2. Tiefe variable Kosten (die Grenzkosten eines zusätzlichen Kunden oder einer zusätzlichen Kundin müssen gegen 0 tendieren)
  3. Freemium Kund:innen müssen als Botschafter:in für die bezahlte Version fungieren können
  4. Schrittweises Hinzufügen von Beschränkungen für die kostenlose Version (Einschränkungen z. B. in der Funktionalität, temporäre Nutzung, Kundentyp)

 

Also soll ich einfach Teile meines Produkts verschenken?! Nein, denn lass uns ehrlich sein: Nichts ist wirklich kostenlos.

Wer sein Produkt mit dem Freemium-Preismodell anbietet, lässt seine Nutzer:innen z. B. mit ihren Daten und/oder mit der Konsumation von Werbung bezahlen.


💡 Bekannte Beispiele, die Freemium anwenden:

  • Im Pub gibt es salzige Erdnüsse kostenlos, mit der Absicht, dass sie uns durstig machen
  • TV, Radio, Gratiszeitungen
  • Paradebeispiel: SurveyMonkey!

Dynamic pricing oder auch dynamische Preise:

Beim dynamischen Pricing passt sich der Verkaufspreis eines Produkts an den Gegebenheiten des Marktes an. Wenn die Nachfrage steigt, steigt auch der Preis, und wenn die Nachfrage sinkt, sinkt auch der Preis.

Die Nachfrage wird in Echtzeit überwacht und zusätzlich beeinflussen Faktoren wie bspw. die Nutzungsrate, die Jahreszeit (Saison) oder Konkurrenzvergleiche den Preis.

Das ist grundsätzlich nichts Neues. Früher war diese Preisgestaltung die Norm: Die Nachfrage regelte den Preis.

Dann allerdings führten insbesondere grosse Unternehmen fixe Preise ein, denn damit musste weniger Zeit für die Schulung der Mitarbeitenden aufgewendet und mehr Kund:innen konnten abgewickelt werden. Das machte den gesamten Verkaufsprozess für kurze Zeit effizienter.

Neue Technologien eröffneten dann aber wiederum neue Möglichkeiten, und der Passagierflugverkehr holte das dynamische Preismodell in den 80ger Jahren wieder aus dem Winterschlaf.

Seither ist die Überwachung der Nachfrage in Echtzeit ungebrochen auf dem Vormarsch, vor allem im Online Business sowie in den Branchen Flugreisen, Ferien und Hotels.

Damit dynamische Preise funktionieren, braucht es viele verfügbare Daten und Informationen, gut abgestimmte Prozesse und Tools sowie eine gesunde interne Kultur der Offenheit, die probieren und lernen ermöglicht.

Das Modell ist allerdings nur so gut wie die Gleichungen, die sie regeln.

Doch auch hierfür stehen bereits weitere, neue Möglichkeiten zur Verfügung: Bei der KI-basierten Preisgestaltung werden Methoden wie künstliche Intelligenz, maschinelles Lernen und Deep Learning eingesetzt, um menschliches Verhalten zu imitieren und autonome Preisentscheidungen zu treffen, die sich dank fortschrittlicher statistischer Methoden und Algorithmen ständig verbessern.


💡 Bekannte Beispiele, die Dynamic pricing anwenden:

  • Das wohl klassischste Paradebeispiel für dynamisches Pricing: Uber!

How to win – Wie du mit dem richtigen Preismodell das Beste aus der Zahlungsbereitschaft deiner Kund:innen herausholst:

Ein geeignetes Preismodell ist eines der wichtigsten Elemente zur Sicherung des Geschäftserfolgs.

Starte mit der Frage, welchen Wert deine Kund:innen wirklich wahrnehmen. Verstehe, wie deine Kund:innen dein Produkt verwenden und wie sie dessen Leistung überprüfen.

Überlege dir dann, wie dein Preis-Modell aussehen soll und beseitige möglichst alle Kaufhindernisse.

Kurzer Reminder: In der heutigen Zeit geht es oftmals nicht mehr um (alleinigen) Besitztum!

Die Kosten für den Erwerb des Eigentums an einem Produkt werden in vielen Fällen von Kund:innen als zu hoch angesehen, oder es besteht die Befürchtung, dass die Kosten in keinem Verhältnis zum Nutzen des Produkts stehen…

Analysiere dein bestehendes Preismodell, sprich proaktiv mit deiner Zielgruppe und konzentriere dich auf die Rückverfolgung der Produkt-Nutzung.

Schlüssle die Wertelemente deines Produkts auf, teste neue Wege und mach die Preisgestaltung für deine Kund:innen damit so leicht verdaulich und erschwinglich wie möglich!

Und wenn du (noch) mehr über revolutionäre Preismodelle unserer Zeit wissen möchtest, dann empfehlen wir dir, einen Blick in das Buch The Pricing Model Revolution von Danilo Zatta zu werfen – dort werden alle aktuellen Preismodelle ausführlich erklärt.