10 Kriterien für erfolgreiches Produkt-Design

Wie schaffen es Startups immer wieder, ganze Märkte auf den Kopf zu stellen? In dem sie schnell die besten Produkte entwickeln. Das gelingt aber nur, wenn sich das Startup-Team einig darüber ist, welche Qualitätskriterien für ihr Produkt massgebend sind. Dieser Blogbeitrag beinhaltet die 10 wichtigsten Kriterien, die jedes Startup in ihrem Produktdesign-Prozess beachten sollte, um nachhaltig erfolgreich am Markt zu wachsen.

Die meisten Gründer:innen erfinden das Rad nicht komplett neu. Oftmals streben sie danach, etwas – sei es ein Produkt, eine Dienstleistung, ein Prozess, usw. – besser zu machen als das, was bereits auf dem Markt existiert.

Startups, die sich auf dem Markt erfolgreich durchsetzen wollen, müssen heute also nicht nur innovativ und schnell sein – sie müssen allem voran auch das beste Produkt herstellen. Warum sonst sollten sich die Menschen für ein Produkt ohne grosses Werbebudget und ohne etablierte Marke interessieren?

Qualität ist dementsprechend ein wichtiges Stichwort für Startups. Allerdings stellt sich dabei die Frage, was das beste Produkt auf dem Markt denn überhaupt ausmacht – schliesslich kann Qualität aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden.

Während für die einen beispielsweise das beste Hemd handgewebt in Italien hergestellt wird, hat dasselbe Hemd für die anderen – nehmen wir in diesem Fall z. B. Bergsteiger:innen – praktisch keinen Wert.

Damit sich ein Startup als die beste Marke mit den besten Produkten für ihre Zielgruppe etablieren kann, muss sich das Team zunächst einmal darauf einigen, welche Qualitätskriterien massgebend sind.

Mit klar definierten Qualitätskriterien für alle Aspekte eines Produkts wird es einfach zu beurteilen, ob es das Beste ist.

Inspiriert von PatagoniaLass die Mitarbeiter surfen gehen!») haben wir folgende 10 Kernfragen zusammengetragen, die sich jedes Startup in ihrem Produktdesign-Prozess stellen sollte, um nachhaltig erfolgreich am Markt zu wachsen:


Achtung: Das bedeutet aber nicht, dass Qualität subjektiv ist! Es geht nicht um gewisse Vorlieben. Es geht darum, für eine gewisse Herausforderung objektive Qualität zu definieren und dann die dazugehörigen Designkriterien festzulegen.


Ist unser Produkt funktional?

Wenn wir mit Startups ein Produkt entwickeln, starten wir immer mit den funktionellen Ansprüchen.

Die Funktion des Produktes bestimmt dessen Design, Prozess, eingesetzte Materialien und ggf. auch den gesamten Auftritt – und nicht umgekehrt!

Fehlt die funktionelle Nachfrage, ist das Risiko gross, dass am Ende ein Produkt entsteht, dass zwar toll aussieht, aber keinen wirklichen Mehrwert bietet und vielleicht nicht einmal wirklich zum Unternehmen passt.

Und dann stellt sich die Frage: Wer braucht das?! Und das ist definitiv keine gute Ausgangslage für ein Startup…

Ist unser Produkt langlebig?

Unsere Welt ist so bequem geworden, dass wir uns nicht mehr die Mühe machen, Dinge, die nicht richtig oder zufriedenstellend funktionieren, zu reparieren.

Und ganz ehrlich: Meistens mühen wir uns nicht einmal grossartig damit ab, herauszufinden, wie wir ein Produkt behandeln müssen, damit es möglichst lange einwandfrei funktioniert.

Ein Produkt ist also dementsprechend nur so gut wie sein schwächstes Element.

Gutes Produktdesign verfolgt daher das Ziel, das sich alle Teile und Komponenten gleich gut halten und erst nach einem langen Leben oder intensiven Gebrauch «verschleissen» (und dabei ist es egal, ob wir von physischen oder digitalen Produkten sprechen).

Denn wenn ein Teil oder ein Feature vorschnell den Geist aufgibt oder nicht adäquat funktioniert, landet das gesamte Produkt auf der Abschussliste – und wenn du eines als Gründer:in nicht möchtest, dann ist es, dein Produkt auf dem Müll zu sehen.

«Um alle Bestandteile eines Produktes von Patagonia dahin zu bringen, dass sie etwa gleich lang halten, testen wir sie ständig sowohl im Laboratorium als auch in der Praxis. Wir prüfen, bis etwas durch unseren Standard fällt, verbessern diesen Teil, sehen dann, was als Nächstes durchfällt, um das zu verbessern, und so weiter, bis wir überzeugt sind, dass das Produkt als Ganzes langlebig ist.»

– Yvon Chouinard, Gründer von Patagonia (in Lass die Mitarbeiter surfen gehen!)

Kann unser Produkt repariert werden?

Alles sollte so designt sein, dass man es reparieren kann.

Gerade wenn es sich um digitale Produkte handelt, braucht es fundierte Grundlagenarbeit. Eine komplizierte Basis kann irgendwann dazu führen, dass die Entwicklung nicht mehr weitergehen kann und das gesamte Produktdesign neu überdacht werden muss.

Wenn du ein physisches Produkt anbietest, kannst du dir zum Beispiel überlegen, ob du deine Vertriebspartner in die Lage bringen kannst, kleine Reparaturen selbst durchzuführen. Oder kannst du Videos produzieren, in denen du deinen Kund:innen zeigst, wie sie sich selbst helfen können?

Wie auch immer: Mach es deinen Kund:innen so einfach wie möglich, dein Produkt so lange wie möglich zu nutzen.

Denn sei dir bewusst: jedes Mal, wenn etwas irreparabel kaputt geht oder du etwas grundlegend, mit Aufwand für deinen Kundenstamm, erneuern musst, wirst du mit grosser Sicherheit einen Teil deiner Kund:innen verlieren.

Passt unser Produkt unseren Kernkund:innen?

Wenn wir ein Produkt designen, muss es perfekt auf die Gegebenheiten der definierten Zielgruppe zugeschnitten sein. Sich an Standards zu orientieren, die dem Durchschnitt entsprechen, kann ein guter Anfang sein, allerdings reicht das oftmals noch nicht.

Sieh dir deine Kund:innen genau an – welche Gegebenheiten bringen sie mit? Und passt dein Produkt mit all seinen Facetten – ob Schnittgrössen, Passformen, Materialien, Schriften, Prozesse, Formate, Botschaften, usw. – wirklich perfekt dazu?

Ist unsere Produktlinie & unser Produkt so einfach wie möglich?

Wir werden heutzutage von den vielen Wahlmöglichkeiten, die sich uns in unserem Alltag bieten, geradezu erschlagen. Sogar der Dalai Lama hat schon gesagt: Zu viel Auswahl schafft Unzufriedenheit.

Die besten Restaurants der Welt haben festgelegte Menüs und die besten Schuhgeschäfte haben bereits entschieden, welche Wanderschuhe für ihr Leistungs- oder Preisniveau die Besten sind.

Entsprechend raten auch wir Startups immer wieder zu Fokus. Unser Ziel ist es nicht, mehrere Produkte auf den Markt zu bringen, sondern das Beste.

Genauso wie wir daran glauben, dass Kund:innen grundsätzlich nach dem Motto «Kaufe weniger, kaufe besser» konsumieren, verfolgen wir das Ziel «Produziere weniger Produkte, designe besser».

Als Gründer:in solltest du bei deiner Produktentwicklung den Fokus auf ein bestimmtes Bedürfnis legen und dafür das beste Produkt produzieren.

Da dabei die Funktion immer an erster Stelle stehen sollte, solltest du automatisch eine grosse Palette vermeiden.

Jedes deiner Produkte sollte einem bestimmten Zweck dienen. Werden sie zu ähnlich, hast du dich verzettelt.

«Die Unternehmen mit der besten Performance bieten eine schmale und sehr gute Auswahl an Produkten an. Die Produkte der besten Unternehmen verwenden auch bis zu 50% weniger Teile als ihre weniger erfolgreichen Mitbewerber. Weniger Teile bedeutet einen schnelleren, einfacheren (und für gewöhnlich preiswerteren) Produktionsprozess. Weniger Teile bedeutet, dass weniger schiefgehen kann; die Qualität ist bereits eingebaut. Und obwohl die besten Unternehmen weniger Arbeiter brauchen, die sich um eine Qualitätskontrolle kümmern, haben sie weniger Defekte und erzeugen weniger Abfall.»

Yvon Chouinard, Gründer von Patagonia (in Lass die Mitarbeiter surfen gehen!)

Zudem ist funktionell gesteuertes Design gewöhnlich minimalistisch. Kompliziertheit ist häufig ein sicheres Zeichen, dass die funktionellen Bedürfnisse nicht gelöst wurden.

Wir raten dir daher, dich und dein Team immer wieder zu fragen: Ist unser Produkt so einfach wie möglich? Ist es so einfach, dass alle es verstehen?

Manchmal (ehrlich gesagt sogar ziemlich oft!) kann es auch helfen, diese Frage externen Personen zu stellen. Sie haben oftmals einen unverbauten Blick auf die Dinge.

Merke dir: Die einfachste Lösung gewinnt in der Praxis immer.

Ganz egal, wie ausgeklügelt oder zeit- oder geldsparend etwas sein mag – die Wahl von Konsument:innen fällt im realen Alltag langfristig immer auf die einfachste Lösung, die ihr Problem/Bedürfnis befriedigt.

Quote Dieter Rams, Designchef Braun - Diginlab 10 Kriterien für erfolgreiches Produkt-Design

Lässt sich unser Produkt leicht pflegen?

Die Pflege eines Produkts – sei es physisch oder digital – ist eine lästige Arbeit. Allein deshalb ist ein geringer Pflegebedarf ein wichtiges Kriterium für gute Qualität.

Die besten Produkte können wir kaufen und benutzen. Fertig.

Versuche mit deinem Produkt so nahe wie möglich an diesen Idealzustand zu kommen.

Wenn wir ein Produkt designen, fragen wir uns immer wieder: Welcher Weg oder welche Eigenschaften erspart unseren Kund:innen am meisten Ressourcen (Energie, Geld, Zeit, Rohstoffe, usw.)?

Hat unser Produkt einen echten Mehrwert?

Langfristig erfolgreiche Unternehmen stellen Produkte her, die oftmals nicht einmal ein Logo brauchen, um erkannt zu werden. Der erzielte Mehrwert steht für sich und lässt erkennen, dass das Produkt von dem Unternehmen XY kommt.

Eigentlich völlig klar und selbsterklärend: Stiftet ein Produkt keinen wirklichen (oder ausreichenden) Mehrwert, kauft es niemand.

Trotzdem treffen wir immer wieder auf Startups, die Mühe haben, ihren ECHTEN Mehrwert benennen zu können.

Ist das der Fall, stellen wir zwei Fragen, die gründlich geklärt werden müssen:

  • Löst das Produkt kein wirkliches/ausreichendes Problem oder Bedürfnis?
     → Ist das der Fall, hilft alles nichts und das Startup muss sich nochmals mit seiner Zielgruppe beschäftigen: Welche Herausforderung soll genau gelöst werden? Was genau steckt dahinter? Und wofür will das Startup stehen?
  • Oder liegt die Herausforderung tatsächlich in der Kommunikation und die richtigen Worte wurden noch nicht gefunden?
    → In diesem Fall geben meistens die Erkenntnisse aus dem Kriterium «Ist unser Produkt einfach?» Aufschluss für die nächsten Schritte.

Ist unser Produkt authentisch, schön und macht es Spass?

Gute Produkte sind zeitlos, die Besten sogar schön und es macht regelrecht Spass, sie zu nutzen. All das verliert aber an Wert, wenn das Produkt nicht zu allen Werten, für die das Unternehmen stehen will, passt.

In unserer digital vernetzten Welt kann das sogar gefährlich werden und schwerwiegende Konsequenzen haben. Hüte dich mit deinem Startup also vor leeren oder falschen Versprechen.

Die ersten Kund:innen reagieren grundsätzlich gnädig auf (kleine) Fehler, weil sie begeistert von der Vision sind und an das Produkt als Ganzes glauben.

Umso feinfühliger reagieren sie aber, wenn sich herausstellt, dass hinter den versprochenen Werten – und dementsprechend ihrem Glauben – nur heisse Luft steckt…

Jagen wir mit unserem Produkt einem Trend nach?

Einem Trend hinterherzujagen, verdammt Produkte, langfristig gesehen, auf den Müll.

Auch wenn wir die Euphorie von Gründer:innen jeweils verstehen: Gerade als Startup ist es besonders wichtig, nicht in eine Trend-Falle zu treten.

Das Problem ist, dass Startups zwar schneller sind als grosse Unternehmen, aber sie verfügen über weniger Geld.

Wird ein Produkt designt, dass nur einem Trend entspricht, mag das kurzfristig vielversprechend aussehen – das Risiko ist aber gross, dass das Produkt nachhaltig kein Erfolg wird, weil die Qualität leidet und es mit dem nächsten Trend überrollt wird.

Unsere Erfahrung zeigt uns immer wieder: Nachhaltig erfolgreiche Produkte sind Produkte, die während dem ganzen Design-Prozess (und darüber hinaus!) unter realen Marktbedingungen den Kernkund:innen, Einkäufer:innen, Angestellten von Einzelhandelsgeschäften, usw. gezeigt wurden.

Nur so lässt sich erkennen, ob ein Produkt sich (langfristig) verkaufen lässt und ob es überhaupt wirklich hergestellt werden sollte.

Verursacht unser Produkt (unnötigen) Schaden?

Die globalen Auswirkungen unseres Konsumwahns werden langsam aber sicher spürbar. Langfristig erfolgreiche Unternehmen interessiert es, wie ihre Produkte hergestellt und verarbeitet werden. Sie sind nachhaltig aufgestellt – und werden immer wichtiger.

Wer langfristig am Markt überleben will, sollte also die Extrameile gehen – schliesslich ist Gesundheit, die unserer Erde und auch die unserer Mitmenschen, unser wichtigstes Gut. Und Extraanstrengungen resultieren in Produkten, die sorgfältig durchdacht sind und sich entsprechend gut verkaufen.

Fazit: Brauchen Startups also von Beginn an das perfekte Produkt, um erfolgreich zu sein?

Nein. Startups müssen nicht gleich von Anfang an mit dem perfekten Produkt in den Markt einsteigen. Dieses Vorhaben geht sogar in den allermeisten Fällen direkt in die Hose.

Aber Gründer:innen sollten immer die Ambition verfolgen, Schritt für Schritt das beste Produkt auf dem Markt zu entwickeln, um langfristig mit Qualität zu überzeugen.

Das Beste herzustellen ist ein schwieriges Ziel. Es erfordert Arbeit, Zeit und Teamgeist.

Und die besten Produkte entstehen nicht irgendwo in einem Büro – sie entstehen draussen auf dem Markt in Zusammenarbeit mit echten Kund:innen.

Wenn auch du gerade daran bist, ein Produkt auf den Markt zu bringen, raten wir dir, die ersten Schritte mit einem sogenannten MVP zu machen.

Was ein MVP genau ist, welche Vorteile ein MVP für dein Startup mit sich bringt und was du bei dessen Entwicklung und Umsetzung beachten solltest, haben wir dir im Blogbeitrag «Was ist ein MVP?» zusammengefasst!

Und Apropos Hosen – wir hätten keine besseren Worte für das Ende dieses Blogbeitrags finden können, als die von Yvon Chouinard, Gründer von Patagonia, höchstpersönlich:

Quote Yvon Chouinard Patagonia - Diginlab 10 Kriterien für erfolgreiches Produkt-Design